The New York Times: Schnelligkeit und orientalische Resonanzen erweitern die Palette eines Pianisten

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Schnelligkeit und orientalische Resonanzen erweitern die Palette eines Pianisten
Allan Kozinn, The New York Times – Deutsche Übersetzung:

Soheil Nasseris New Yorker Klavierabende des letzten Jahrzehnts haben gezeigt, dass er ein nachdenklicher, bestimmter Interpret mit Hang zu Überraschungen ist. Als ein Kalifornier mit iranischem Migrationshintergrund, der mittlerweile seine Zeit zwischen New York und Berlin aufteilt, betrachtet er das Repertoire mit einem kosmopolitischen Blick und ist bekannt dafür seine Konzerte hauptsächlich neuer Musik von iranischen, israelischen und amerikanischen Komponisten zu widmen, eine Musik, die er mit Leidenschaft und Urteilsvermögen spielt. Er zeigte auch eine Vorliebe für das Kernrepertoire der Romantik, für welches sein grosser Klang und seine eiserne Technik sehr geeignet sind.

Bei seinem Klavierabend am Dienstag in der Merkin Konzerthalle konzentrierte sich Nasseri vornehmlich auf die Romantiker, eröffnete jedoch den Abend mit einer Premiere der Sonate No. 2 (2011) von Hormoz Farhat. Farhat, ein iranischer Komponist schrieb Nasseri die Stücke auf den Leib: das Stück begann mit einer Lisztschen Fanfare, die schnell in ein Thema mit modalem Anklang und einer grazilen Ausschmückung überging und ihr damit eine vage orientalische Note gab. Ost und West flirteten miteinander in dem Stück. Es ist als klassische Sonatenform strukturiert und in Teilen seines langsamen, ausdrucksvollen zentralen Satzes machen modale Melodien den Weg frei für Passagen, die in einem mild winkeligen, modernistischen Stil gefasst sind.

Nasseri spielte das Stück mit der Flexibilität und Kraft, die es zu fordern schien, doch war seine Farbpalette ab und zu auf seltsame Weise eingeschränkt, ein Mangel, der mit einem zurückhaltenden Einsatz des Pedals, das einen klaren aber oft trockenen Klang ergab, zusammenhängen könnte. Drei von Schumanns „Novelletten“ (op. 21, Nr. 1, 4, und 6) und Chopins Fantasie F-moll (op. 49) hatten ebenfalls ihre trockenen Momente, allerdings waren Nasseris interpretatorische Wendungen so überwältigend – besonders seine poetische, rubato-reiche Beschreibungen des Chopins – das man diese Bedenken schnell zur Seite stellen konnte.

Es kann sein, dass Nasseri einfach die Akkustik der Halle falsch einschätzte, glaubte, dass in einem so intimen Raum ein intensiverer Pedaleinsatz den grossen Klang, den er produzierte, verwässern würde. Trockenheit war nicht das Problem in vorhergehenden Begegnungen.

Er schloss das Programm mit einer energiegeladenen Version von Beethovens „Hammerklavier“ Sonate (op. 106). Es war von den Eröffnungsakkorden her klar, das Nasseris Schwerpunkt auf der Erhabenheit des Werkes und seinem hohen dramatischen Ausdruck lag, aber genauso liessen seine flexiblen Tempi raten, wie die Balance zwischen Sportlichkeit und Poesie in jedem Moment kippen könnte, oder wie nah an der Grenze zum Kontrollverlust er seine ekstatische Darstellung des Finales bringen würde.

Er verlor nie die Kontrolle, nicht einmal die rasanten Texturen in Beethovens Passagen wurden verwischt. Auch wenn man ein kopflastigeres oder ein strenger geordnetes „Hammerklavier“ hätte haben wollen – Nasseri überzeugte das Werk als schieren Reiz wahrzunehmen.